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Interview

„Zukunft gestalten“: Torsten Schrodt, Vorstandsmitglied der Come-Out-Stiftung, zieht Bilanz im FRESH-Interview

dd. Torsten Schrodt lebt im Ruhrgebiet. Der Dipl. Sozialarbeiter / Dipl. Sozialpädagoge und Sozialmanager M.A. engagiert sich seit 1998 für Unterstützung und Förderung junger LSBT*I*. Aufgewachsen im ländlichen Raum, liegt sein besonderes Interesse an Aufbau und Stärkung von Strukturen abseits von Metropolen. Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Gründung der Come-Out-Stiftung. Als Vorstandsmitglied der neuen Siftung, die gerade 5 Jahre alt ist, zieht er Bilanz im FRESH-Interview.

Torsten, vor drei Jahren wurde die Come-Out-Stiftung geboren. Das war Neuland und Kraftakt. Wie sieht Deine persönliche Bilanz aus?

Die COME OUT! Stiftung war von Anfang an als Gemeinschaftsstif-tung geplant, an der sich möglichst viele Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten beteiligen, aber auch Erfahrungen einbringen und mitmachen. Damit sind Abstimmung, Diskussionen und Koordination verbunden, aber auch die Arbeit wird auf mehrere Schultern verteilt. Das war gerade in der ersten Zeit sehr wichtig.

Persönlich freue ich mich über eine aktive und weiter wachsende Stifter*innengemeinschaft, die auch mal heftig diskutiert, aber sehr harmonisch und vertrauensvoll für das gemeinsame Ziel zusammen arbeitet.

Die COME OUT! Stiftung unterstützt keine kurzfristigen Projekte, sondern den dauerhaf-ten Bestand von Angeboten der Jugendarbeit für LSBTIN*. Ziel ist langfristiger Erhalt queerer Jugendinitiativen. Wie sind Eure Erfahrungen mit diesem Ansatz? Seid Ihr dem Ziel nähergekommen?

Mit diesem Förderansatz schließen wir sehr bewusst eine Lücke. Es gibt eine Menge staatliche Stellen und Stiftungen, die insbesondere neue und innovative Projekte fördern, die dann aber zeitlich befristet sind.

Wir stärken hingegen dauerhaft die Basis der Initiativen. Die Projektpartner*innen erhalten von der Come-Out-Stiftung eine jährliche Förderung. Diese nutzen sie dann z.B. für die Miete ihres Treffs, die Kosten der Öffentlichkeitsarbeit oder auch die Schulung von Ehrenamtlichen. Die Initiativen wissen am besten, wo vor Ort der Schuh drückt und sind bei der Verwendung frei.

Öfter wird unsere Förderung benötigt, um die bei Projekt-förderungen geforderten Eigenanteile (oft zwischen 10 und 30 %) zu finanzieren. Wenn z.B eine Initiative für ein tolles Projekt 10.000 € benötigt, 9.000 € Förderung aber nur bekommt, wenn sie die übrigen 1.000 € – zusätzlich zum ehrenamtlichen Einsatz – selbst aufbringt, ist dies für Initiativen junger Menschen eine große Hürde. Mit unserer Basisförderung geben wir Initiativen teilweise erst die Möglichkeit, größere Projekte durchzuführen.

Derzeit unterstützen wir auf diese Weise sechs junge Initiativen in unterschiedlichen Bundesländern, mit denen wir jeweils im engen Kontakt stehen. Dieser Kontakt ist uns wichtig, um sicher zu sein, dass die Mittel bei jungen LSBTIN* ankommen und um mitzuerleben, wie sich die Initiativen entwickeln.

Sichtbarkeit von queerem Leben soll ja auch in ländlichen Regionen viel mehr und offen möglich sein. Wie sind da Eure Erfahrungen, was hat sich bewegt?

In ländlichen Regionen ist queeres Leben seltener sichtbar, wobei mir hier wichtig ist, deutlich zu machen, dass dies auch von Stadtteil zu Stadtteil in Großstädten sehr unterschiedlich ist. Während es in Metropolen aber erreichbare Inseln für Kontakt und Empowerment – z.B. queere Jugendgruppen – gibt, fehlen diese gerade in ländlich geprägten Regionen. Für mehr Sichtbarkeit im Alltag, brauchen wir überall selbstbewusste Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*Personen, Inter*Menschen und Nicht-Binäre.

Um dieses Selbstbewusstsein zu entwickeln, sind stärkende Gemeinschaften zentral. Daher ist uns so wichtig, auf Dauer angelegte Gemeinschaften zu stärken, die dann z.B. vor Ort kleine CSDs oder queere Stände bei Stadtfesten organisieren.

Zumindest in den Regionen, in denen wir uns engagieren, sehen wir Fortschritte bei der Akzeptanz durch Sichtbarkeit. Leider macht Sichtbarkeit auch Gegner*innen von Vielfalt aufmerksam. Gerade Initiativen aus östlichen Bundesländern berichten verstärkt von feindlichen Stimmungen und Einschüchterungsversuchen. Gerade hier bedarf es mehr Solidarität aller, diese Initiativen junger Menschen zu stärken.

Viele Menschen aus der Community, teilweise sehr prominent – wie Lilo Wanders – haben sich der Stiftung angeschlossen und unterstützen sie. Hat Dich dieser Zuspruch überrascht? Sucht Ihr noch weitere Unterstützer*innen?

Als Gründungsstifterin und Vorstandsmitglied ist Lilo Wanders besonders aktiv und hat die Come-Out-Stiftung bei allen ihren vielen Projekte mit im Gepäck. Das hilft natürlich sehr. Aber auch andere Stifter*innen sind sehr aktiv und werben für die Stiftung. Beinahe alle neuen Spender*innen und Stifter*innen werden über persönliche Bekanntschaften gewonnen. Dies ist super, und es überrascht mich nicht, dass es viele solidarische Menschen gibt, die bereit sind, die Come-Out-Stiftung zu unterstützen.

Überrascht hat mich, dass Flyer, Spendenaufrufe und Co. wenig Resonanz bringen und die persönliche Ansprache so zentral ist. Hier müssen wir uns als Stifter*innen immer wieder ein bisschen überwinden, um potentielle Unterstützer*innen aktiv anzusprechen.

Es wäre schön, wenn mehr Menschen aktiv auf die Come-Out-Stiftung zukommen würden, um unsere Idee mit einer Spende, Dauerspende, einem Vermächtnis oder auch einer Zustiftung zu unterstützen.

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