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Kultur

„The Show must go on“

Foto: Christof Fein

Mondpalast und RevuePalast sollen leben: Prinzipal Christian Stratmann über den Fortbestand seiner Privattheater in Zeiten des Corona-Virus

Seit Montag (16.3.) ist es amtlich: Der Mondpalast von Wanne-Eickel, mit 500 Plätzen Deutschlands größtes Volkstheater, stellt bis auf Weiteres den Spielbetrieb ein. Auch im RevuePalast Ruhr (280 Plätze) in Herten, dem deutschlandweit einzigen Travestie-Theater auf Zeche, bleibt der Vorhang geschlossen. Wie lange die unfreiwillige Spielpause dauern wird, weiß niemand. Erstmals in seiner Zeit als Theaterunternehmer wird Prinzipal Christian Stratmann jetzt Kurzarbeitergeld für seine Theaterfamilie beantragen. Der 69-Jährige hat einen festen Vorsatz: „Ich werde mit allen Mitteln dafür sorgen, dass meine Theater diese Durststrecke überstehen.“

Ab sofort müssen alle Kulturstätten und Theater im Land geschlossen bleiben. Wie haben Sie diese Entscheidung aufgenommen?

Christian Stratmann: Wir haben mit diesem „Kulturschock“ gerechnet, nachdem Massenveranstaltungen auf der ganzen Welt, nicht nur in Deutschland, Schritt für Schritt verboten wurden. Die Entscheidung der Bundesregierung tragen wir mit, schließlich geht es darum, die Öffentlichkeit vor einer Ansteckung mit dem potenziell lebensgefährlichen neuartigen Corona-Virus zu schützen und eventuelle Infektionsketten zu unterbrechen. Da kommt es auf das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen an. Wir machen da keine Ausnahme. Unsere Gäste haben Verständnis für die Schließung, das zeigen die ausnahmslos freundlichen und mutmachenden Kommentare in den sozialen Netzwerken und am Kartentelefon.

Wie reagieren Sie auf den Shutdown?

Wir bieten unseren Gästen an, am Kartentelefon kostenfrei auf einen anderen Termin der gewählten Komödie oder Show umzubuchen. Dafür haben wir unser Telefon-Team massiv aufgestockt und werden auch am Wochenende arbeiten. Wer sich für keinen neuen Termin entscheiden kann, erhält auf Wunsch einen Gutschein. Wir bitten die Kartenkäufer momentan um Geduld, denn am Telefon kann es wegen des großen Andrangs natürlich zu Wartezeiten kommen. Wir alle geben unser Bestes und werden parallel versuchen, Gäste, die sich noch nicht gemeldet haben, persönlich zu erreichen.

Sie führen ein Privattheater ohne öffentliche Subventionen. Was bedeutet die Zwangsschließung für Sie?

Für uns ist das Spielverbot eine wirtschaftliche Katastrophe. Sowohl dem Mondpalast als auch dem RevuePalast entsteht ein enormer wirtschaftlicher Schaden. Alle Welt redet über die Bundesliga, die nicht-subventionierten Kulturschaffenden – zum Beispiel Privattheater, Kleinkunstbühnen und Galerien – stehen mal wieder im Schatten. Wenn es keine staatlichen Hilfen gibt, wird sich diese Form der Kultur, die unsere Gesellschaft so bunt und lebendig macht, so schnell nicht erholen.

In der Corona-Krise ist viel von der Systemrelevanz ganzer Branchen die Rede. Wie systemrelevant ist ein Theater wie der Mondpalast?

Ein Theater wie der Mondpalast ist sicherlich nicht mit einem Krankenhaus oder der Feuerwehr zu vergleichen. Trotzdem ist das, was wir tun, für viele Menschen von großer Bedeutung. Mondpalast und RevuePalast zusammen beschäftigen rund 75 Mitarbeitende. Allein das Mondpalast-Ensemble besteht aus zehn Schauspielerinnen und Schauspielern, alle sind fest angestellt – das ist nach wie vor einzigartig nicht nur im Ruhrgebiet. Was Circus-Direktor Bernhard Paul in seinem offenen Brief an die Landesregierung über seinen Circus Roncalli geschrieben hat, lässt sich nahtlos auf meine Paläste übertragen. Seit 2004 steht der Mondpalast und seit 2009 auch der RevuePalast für gute Unterhaltung, für Spaß und Lebensfreude. Ich habe in dieser Zeit nicht einen Euro öffentliche Mittel, Unterstützung oder Steuererleichterungen erhalten. Ich zahle seit Jahrzehnten pünktlich und korrekt meine Steuern im Ruhrgebiet. In dieser Zeit haben sich rund eine Million Gäste im Mondpalast und im RevuePalast königlich amüsiert, darunter sogar Altbundespräsident Horst Köhler und viele, viele andere.

Was erwarten Sie von der öffentlichen Hand?

Wir wollen keine Sonntagsreden der Kulturpolitiker mehr hören. Wir erwarten, dass man uns nicht im Regen stehen lässt. Die Bereitstellung von Krediten für Kulturunternehmen halte ich für nicht zielführend. Wer soll die nach einer solchen Durststrecke denn zurückzahlen? Was wir brauchen, ist ein Rettungsfonds – wie damals bei der Bankenrettung. Persönlich prüfe ich gerade die Beantragung von Kurzarbeitergeld für meine Mitarbeitenden, zum ersten Mal in meinem Leben als Unternehmer. Was auch immer nötig ist, ich werde alles tun, damit meine Leute nicht in Gefahr geraten. Wir werden gemeinsam durchhalten, denn es wird auch eine Zeit nach Corona geben. Für mich gilt: The Show must go on. Mein fester Wille ist es, beide Theater durch diese Krise zu steuern, damit möglichst bald die Lichter bei uns wieder angehen.

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